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5. November 2010

Die Inflation der Durchspielzeit



Es ist einfach so passiert! Kaum einer hat den Umschwung oder vielmehr den Eintritt in die neue Videospielära mitbekommen. Heimlich, schleichend, fast von heute auf morgen. Ich dachte immer, so etwas wird groß angekündigt und dann lange diskutiert; aber nein, da habe ich mich geirrt. Wie naiv ich doch war.
Ähnlich wie damals mit dem Umrechnungskurs der D-Mark zum Euro, als die Preise sich, wenn auch schleichend nur, nahezu verdoppelt haben und niemand aus der Wirtschaft es zugeben wollte. So ähnlich ist es ist nun wieder. Auch diesmal geht es um Geldwert, aber um einen ganz anderen. Wovon ich überhaupt rede? Ich rede von des Zockers zweitliebster Währung neben dem Spielspaß: der Durchspielzeit.


Neulich noch, vielleicht ist es ein paar Monate her, las ich es als Gerücht auf einem Konsolennewsboard. Da forderte ein Entwickler kürzere Spiele zum gleichen Preis. Die Spiele seien zu günstig und die Entwickler verdienen kaum etwas daran.
Pah! Ich konnte meine Entrüstung kaum zurückhalten und tröstete mich mit dem Gedanken, dass das ja nur die Meinung eines Einzelnen gewesen sei. Als wenn 70 Euro für ein mittelmäßiges Videospiel zu wenig wäre. Klar fällt der Preis auch wieder relativ schnell, aber das hängt ja eher von der Qualität des Spiels und der damit verbundenen Nachfrage zusammen. Dummes Spiel = wenig Nachfrage = schnelle Preissenkung. In der Regel.

Nun aber ist es schon längst bittere Realität: Die Forderung dieses einzelnen Herren wurde längst umgesetzt! Diese kurze Zuwortmeldung war wohl damals schon ein fester Plan, denn viele Spiele sind schon längst halb so lang wie vor ein paar Jahren noch!

Statt mich wie früher noch an die zehn oder mehr Stunden an der Konsole zu unterhalten, schaffen es heutige, viel gehypte Blockbuster wie Medal of Honor, Vanquish, Force Unleashed 2, SAW 2, 007: Bloodstone usw. kaum mehr auf  5 oder 6 Stunden! Klar, man kann auch hier nicht alle Entwickler über einen Kamm scheren, aber es zeichnet sich ein trauriger Trend ab:

1. Der Singleplayer- bzw. Storymodus großer Titel wird eingedampft um Entwicklungszeit zu sparen.
2. Die Story wird oft aufgeteilt, um zusätzliche Inhalte als kostenpflichtigen DLC kurz nach Release anzubieten.
3. Der Preis dieser „Light“-Titel ist genauso hoch wie der, der normal langen* Spiele.
(* mit einer Durchspielzeit von 8, 10 oder mehr Stunden, auf normalem Schwierigkeitsgrad)

Was mir außerdem noch auffiel, ist die Tatsache, dass zunehmend mehr Kraft und Energie (soll heißen Geld) ins Marketing gesteckt wird, um dafür zu sorgen, dass der vermeintliche Blockbuster-Light sich auch oft genug verkauft. So liest der versierte und gut informierte Konsolero mittlerweile bereits über ein Jahr (teilweise zwei Jahre vorher schon) vor dem erscheinen des eigentlichen Titels, fast wöchentlich Neues über das Spiel. Hier ein Interview, dort ein Batzen Screens, da ein Video und so weiter. Mich nervt es. Und billig ist Marketing ja auch nicht. Klar dass dann die mäßigen Verkäufe die Entwicklungskosten nicht decken, wenn man locker schon 10-15% für die Werbung verpulvert.

Eigentlich ist die Praxis ja so neu nun auch wieder nicht: Wie komme ich zu mehr Umsatz bei noch weniger Investitionen? Uralt. Ein klasse Coup ist da z.B. vor gar nicht allzu langer Zeit den Kaffehändlern und den Kaffeemaschinenherstellern gelungen. Die haben den Kaffee einfach portioniert, in kleine Tütchen oder Pads gepresst und schwupps konnten sie ein Vielfaches des normal üblichen Preises dafür verlangen. Statt für 500g zu etwa 4 Euro zahlt der Kunde jetzt gerne 5 Euro für 20 Tassenportionen. Das Beste: keiner fand es zu teuer, im Gegenteil. Die neuen Padmaschinen, die der Kunde sich dazu extra anschaffen musste gingen weg wie warme Semmel.

Klappt das jetzt auch bei uns Gamern? Kaufen wir in Zukunft unsere Games nur noch in kleinen Portiönchen? War die Einführung der DLC’s der Anfang vom Ende der lang unterhaltenden Spiele?

Das Ziel ist im Grunde ja nur, den Gewinn zu maximieren. Der Weg ist nur der Falsche, finde ich jedenfalls. Sollte man anstelle von Inhaltskürzungen und Zerstückelung nicht versuchen durch Qualität zu überzeugen? Das würde für mich heißen, tiefsinnigere Erfahrungen zu machen, die mitreißender sind. Mit mehr Wiederspielwert und größerem Umfang. Solche Spiele würde ich nicht mehr hergeben. Aber leider ist das Gegenteil ist der Fall. Die aktuellen „Shortstory-Blockbuster“ habe ich (wenn überhaupt) keine Woche lang, bevor ich sie entweder umtausche oder verticke. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass das im Interesse der Hersteller ist.

Für mich sieht das leider momentan so aus, als wenn der Zocker hier massiv betrogen wird und das schlimmste ist dabei, dass er nichts dagegen machen kann. Es gibt keine Interessenvertretung, die uns bei den Publishern vertritt und die Option nicht zu kaufen fühlt sich an wie sein liebstes Hobby aufzugeben. Also was tun?
Wie denkst Du darüber? Ist dir diese Entwicklung egal oder hast Du den Trend „Weniger ist mehr“ auch schon bemerkt?

1 Kommentar:

  1. hey Jack....

    das mit der Interessen Vertretung bei Publishern halt ich für eine gute Idee.Die aber weit über Europa hinaus geführt werden müßte.

    Desweiteren würde ich mir persönlich nicht 5,6,7,8...etc DLC's im Store kaufen nur um ein Spiel fertig zu spielen.

    Ich hoffe und denke das diese Idee auf kurz oder lang im Sand verlaufen wird..

    Wenn doch dann müsste man als Konsument reagieren und auf Communitys wie Facebook,Twitter etc mal zum Boykott gegen diese Art von Gamevermarktung und Verkauf aufrufen.Ich denke das wird dort Zustimmung erfahren und die Entwickler dann auf den Boden der Tatsachen zurück bringen.

    mfg

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